Sonntag, 6. Juli 2014

68. Beitrag - Die Visitation von Kötzschau

Heute zur Stadt Leuna gehörend, war Kötzschau im 16. Jahrhundert eigenständig und steuerlich dem Amt Lützen unterstellt. Bekannt für seine Saline und für den Bahnhof, von welchem das gewonnene Salz abtransportiert werden sollte. Doch vor der Visitation, war an die Saline noch nicht zu denken. Mit seinen 28 Häusern und dem Rittergut war das Dorf selbst sicherlich kein Ort, der mit Größe, Macht und Einfluss glänzen konnte. Die Einkommen von Pfarrer Thomas Gabriell jedoch waren breit verteilt. So besaß er, stellvertretend für die Pfarre vor Ort, genug Land, um es anderen zum Lehen geben zu können. Hinzu kamen noch weitere Einkünfte aus Treben, Günthersdorf, Groß- und Kleinlehna sowie einigen weiteren Orten.

Man müsste also meinen, dass man als Pfarrer in Kötzschau ein ruhiges Leben führen konnte. Und tatsächlich, der Küster war versorgt und die einzige Beanstandung die vorlag, richtete sich an die Kirchverwaltung in Merseburg. Thomas Gabriell hatte aus eigener Tasche in die Pfarre investiert und wollte das Geld erstattet bekommen. Ansonsten sah es gut für den Pfarrer aus, immerhin hielt er sich noch 3 Gänse, 2 Kühe und ein Kalb sowie 6 Schafe. Manch anderer träumte von solch einem Reichtum.

Mittlerweile befinden wir uns, 16 Jahre später, im Jahr 1578. Der neue Pfarrer Lucas Clemens stammte aus Dresden. Durchstöbert man die Visitationsberichte so scheint es, dass Hirte und Herde nicht recht warm miteinander wurden. Zu seinen Wochenpredigten blieb die Kirche leer. Wenn das Glück ihm hold war, erschien die Dorfbevölkerung mit erheblicher Verspätung. Das seine Kirche oftmals leerblieb, schien er zu erdulden und nahm es niemanden ernsthaft übel, denn im Krankheitsfall stattete er den Menschen einen tröstenden Besuch ab. Schule wurde 1578 nicht mehr gehalten und das Verhältnis zwischen Pfarrer und Küster Jost Pfeusch war vermutlich ebenfalls nicht das Beste. Die Junker, derer von Burkersroda verstanden sich mit dem Pfarrer anscheinend blendend um kamen regelmäßig in die Kirche. Sicherlich liegt es da Nahe, dass sie gut von dem Ertrag ihrer Bauern leben konnten, weswegen sie Zeit für die Predigten hatten. Sie redeten ihm nicht in seine Arbeit rein, boten ihm Schutz und halfen bei der Durchsetzung seiner kirchlichen Anordnungen.

Das Gericht wurde einmal im Jahr von der Familie von Burkersroda gehalten und sie schienen die Menschen im Dorf gut im Griff gehabt zu haben. Wilde Saufgelage gab es nicht und sogar bei dem Pfingstbier hielten sich die Menschen eisern an die Vorgaben ihres Junkers. So streng die Obrigkeit anscheinend auch war, um die Armen und Kranken wurde sich gekümmert. Mancherorts gab es Beschwerden der Einwohner über ihren Pfarrer, in Kötzschau jedoch war man, trotz einiger Unstimmigkeiten sehr zufrieden. So hielt er seine Predigten ruhig und ohne einen Streit dabei anzufangen, was woanders nicht jedem Pfarrer gelang.

Während die erste Visitation im Januar und Februar 1578 stattfand, gab es noch eine zweite im September des gleichen Jahres. Innerhalb dieses halben Jahres scheint die eigentlich recht entspannte Situation im Dorf eskaliert zu sein. Zur Wochenpredigt erschienen immer noch keine Zuhörer, Schule wurde ebenso wenig gehalten und der Küster ist nicht der fleißigste gewesen, laut dem Pfarrer. Es verwundert deswegen nicht, dass eine neue Modeerscheinung auftrat: Gotteslästerung. Von einer Mode muss man sprechen, da es den Berichten nach viele taten und es wahrscheinlich noch nicht sehr lang der Fall war. Allerdings sollte man kein vorschnelles Urteil fällen. Das Leben der Bauern war äußerst hart und anstrengend, die Obrigkeit streng. Sie mussten entscheiden, ob es wichtiger war die Tiere zu hüten und die Felder zu bestellen oder zu den Predigten zu gehen. Ob Küster Jost Pfeusch tatsächlich faul und ungehorsam war, bleibt zu bezweifeln. Ihm fehlten nicht nur Sitzmöglichkeiten für seine Schüler, sondern auch hier musste entschieden werden, ob Schule vor Arbeit ging.

Quelle:

Friedensburg: Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578. 

Weitere Visitationsberichte:




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